Fragen und Antworten

Im Tierschutzgesetz (TSchG) Artikel 3, Absatz c wird der Tierversuch wie folgt definiert: jede Massnahme, bei der lebende Tiere verwendet werden mit dem Ziel:

  1. eine wissenschaftliche Annahme zu prüfen,
  2. die Wirkung einer bestimmten Massnahme am Tier festzustellen,
  3. einen Stoff zu prüfen,
  4. Zellen, Organe oder Körperflüssigkeiten zu gewinnen oder zu prüfen, ausser wenn dies im Rahmen der landwirtschaftlichen Produktion, der diagnostischen oder kurativen Tätigkeit am Tier oder für den Nachweis des Gesundheitsstatus von Tierpopulationen erfolgt,
  5. artfremde Organismen zu erhalten oder zu vermehren,
  6. der Lehre sowie der Aus- und Weiterbildung zu dienen.

Am meisten werden Mäuse (352’367 im Jahr 2022) für Tierversuch genutzt. Es werden jedoch viele weitere Tierarten eingesetzt wie Pferde, Hunde, Katzen, Vögel oder auch Fische:

Ratten

Hamster

Meerschweinchen

Andere Nager

Kaninchen

Hunde

Katzen

Primaten

Rindvieh

Schafe, Ziegen

Schweine

Pferde, Esel

Diverse Säuger

Vögel (inkl. Geflügel)

Amphibien, Reptilien

Fische

Wirbellose

50’769

142

196

69

581

2’056

309

200

15’703

1’903

3’617

3’276

2’686

64’686

7’694

79’706

31

Die Zahlen beziehen sich auf die Schweiz im 2022, Quelle www.tv-statistik.ch

Tierversuche sind keine gute Methode der Forschung, da die Ergebnisse nicht auf den Menschen übertragbar sind. Jedes Lebewesen reagiert z.B. unterschiedlich auf Medikamente, da verschiedenste Einflussfaktoren eine Rolle spielen: Alter, Geschlecht, Stoffwechsel und Ernährung sowie die individuellen Eigenschaften jedes Individuums wie seine Launen, Emotionen und Psyche. Dadurch entstehen wechselnde Resultate und diese sind deshalb überhaupt nicht reproduzierbar. Reproduzierbarkeit ist jedoch die Haupteigenschaften einer guten Forschung. Mit über 100 gesichteten und gesammelten Studien der Metaforschung lässt sich beweisen, dass Tierversuche als Forschungsmethode sehr schlecht abschneiden.

Von den Medikamenten, welche beim Tierversuch als wirksam eingestuft wurden, scheitern bis zu 95% im klinischen Test am Menschen. Von den verbleibenden 5%, welche dann als zugelassene Arzneimittel auf den Markt kommen, müssen 20-50 % entweder aufgrund zu starker und schwerwiegender Nebenwirkungen vom Markt genommen werden oder mit Warnhinweisen versehen werden. Hier einige Beispiele von unterschiedlichen Reaktionen von Mensch und Tier auf Substanzen:

  • Asbest: stark krebserregend beim Menschen, verträglich für Hamster und Ratten
  • Contergan: führt bei ungeborenen Kindern zu schweren Missbildungen, für Ratten und Mäuse unschädlich
  • Strychnin: für den Menschen tödlich, jedoch verträglich für Affen, Hühner und Meerschweinchen
  • Arsen: tödlich für den Menschen, gut verträglich bei Schafen
  • Paracetamol: schmerzstillend und fiebersenkend beim Menschen, giftig für Katzen
  • Penicillin: wichtiges Antibiotikum für den Menschen, giftig bis tödlich bei Meerschweinchen, Hamster und Kaninchen
  • Ibuprofen: Schmerzmittel und Antirheumatikum für den Menschen, in niedriger Dosis giftig für Hunde und Katzen
  • Insulin: lebenswichtiges Hormon und wichtiges Arzneimittel für den Menschen, führt bei Kaninchen, Hühnern, Mäusen und Meerschweinchen zu Missbildungen
ORGANOIDE

Organoide sind Mini-Organe, die im Labor aus menschlichen Stammzellen gezüchtet werden und ein komplexes dreidimensionales Gebilde aus verschiedenen Zellarten bilden. Diese Mini-Organe stellen die Funktion und das Erscheinungsbild eines menschlichen Organs nach und sind meist einen halben bis einen Millimeter gross. Der grosse Vorteil dieser Mini-Organe: es kann praktisch jedes beliebige Organ erstellt werden und die Gewinnung dieser Stammzellen ist für den Menschen schmerzfrei und unkompliziert. Ausserdem ermöglichen diese Organoide personalisierte Medizin, denn die Stammzellen können direkt von erkrankten Patienten entnommen und gezüchtet werden. (1)

MULTI-ORGAN-CHIP

Beim Multi-organ-chip werden mehrere Organoide oder ähnliche menschliche Zellmodelle auf einem Biochip miteinander verbunden. Durch ein Mikrokanal-System können die Organoide miteinander interagieren und Stoffe austauschen, sodass ein menschlicher Organismus simuliert werden kann (1), wie z.B. schlagende Herzen, filtrierende Nieren oder atmende Lungen. Die Dynamik von Erkrankungen wie Krebs, Alzheimer, Parkinson usw. könnte so an menschlichen Zellen untersucht werden und Therapieansätze entwickelt werden.

Für die Resultatauswertung der Therapieansätze können Proben direkt aus dem Mikrokanal-System entnommen werden, ähnlich einer Blutentnahme oder Urinprobe. Um die Interaktion verschiedener Organe aufzuzeigen, können bis zu 10 dieser Mini-Organe miteinander verbunden werden.  

SIMULATOREN

Für die medizinische Ausbildung werden lebensechte Dummies eingesetzt. Ein Beispiel ist der «TraumaMan», ein hochtechnisierter Simulator, welcher atmet, einen Puls hat und sogar bluten kann. Diese Simulatoren sind durch ihre lebensechte Haut- und Gewebeschichten sowie Rippen und inneren Organe bestens geeignet, um realitätsgetreu Notfallmassnahmen, chirurgische Eingriffe und Behandlungen zu üben. (3)

 
VIRTUAL REALITY

Eine weitere tierversuchsfreie Methode in der medizinischen Ausbildung ist die Virtual Reality. Dabei können angehende Ärzte mit einer VR-Brille an virtuellen Patienten z.B. chirurgische Eingriffe trainieren. Auch die Darstellung und Betrachtung von Blutgefässen, Skeletten und Organen ist dadurch in 3D möglich. (4)

3D-BIO-DRUCK

Die Technologie ist heute schon so weit fortgeschritten, sodass es möglich ist, mit einem 3D-Drucker dreidimensionale Objekte aus Biomaterialien, menschlichen lebenden Zellen und Wachstumsfaktoren zu erstellen. Dadurch werden die Eigenschaften von natürlichem Gewebe imitiert und sogar Organe nachgebildet.

3D-Bio-Druck kann für verschiedenste Fragestellungen in der Grundlagenforschung sowie in der Medikamenten- und Chemikalientestung eingesetzt werden. (1)

EPIDEMIOLOGISCHE STUDIEN (BEVÖLKERUNGSSTUDIEN)

Epidemiologische Studien sind Untersuchungen, die sich mit der Verteilung und den Ursachen von Krankheiten in Populationen beschäftigen. Dabei wird meistens versucht, Zusammenhänge zwischen bestimmten Risikofaktoren (z.B. Rauchen, Übergewicht, genetische Faktoren) und dem Auftreten einer Krankheit zu finden. Epidemiologische Studien können dabei helfen, die Häufigkeit einer Krankheit in bestimmten Bevölkerungsgruppen zu bestimmen, Risikofaktoren zu identifizieren und präventive Maßnahmen zu entwickeln.

IN SILICO (COMPUTERSIMULATIONEN)

Es gibt unterschiedliche In-silico-Methoden, wobei technisch ausgefeilte Computermodelle Informationen liefern können über die Wirkung, Struktur und Giftigkeit von Substanzen. (1)

DIGITALER ZWILLING

Die von der Schweizer Firma Biotech VeriSIM Life entwickelte Methode nutzt künstliche Intelligenz, um einen digitalen Zwilling zu erstellen. Ein digitaler Zwilling ist eine virtuelle Repräsentation eines realen Objekts oder Systems, in diesem Fall des biologischen Systems, das getestet werden soll. Das Computerprogramm verwendet die Daten des realen biologischen Systems, um den digitalen Zwilling zu erstellen.

Sobald der digitale Zwilling erstellt ist, können personalisierte Tests durchgeführt werden. Das bedeutet, dass das Computerprogramm die Reaktionen des digitalen Zwillings auf verschiedene Stimuli und Umgebungen testen kann, um Vorhersagen über die Reaktionen des realen biologischen Systems zu treffen. Auf diese Weise können verschiedene Szenarien getestet werden, ohne das reale biologische System tatsächlich zu beeinträchtigen.

Diese Methode kann insbesondere in der Medizin und Pharmazie eingesetzt werden, um personalisierte Medikamente zu entwickeln oder die Wirksamkeit von Medikamenten zu testen, bevor sie an realen Patienten getestet werden.

MICRODOSING

Microdosing bedeutet, dass freiwilligen Personen eine äusserst niedrige Dosis einer Testsubstanz verabreicht wird, welche mittels Präzisionsanalyse (Accelerator Mass-Spectrometry, kurz AMS) in Blut- und Harnproben nachgewiesen werden kann und dabei die Aufnahme, Verteilung, Verstoffwechslung und Ausscheidung der Substanz im Körper gemessen werden kann.  Da die Dosierung so klein ist, hat sie keinerlei pharmakologische Wirkung bei der Testperson.  (1) (2)

BILDGEBENDE VERFAHREN

Als bildgebende Verfahren sind z.B. die Magnetresonanztherapie (MRT) und die Computertomografie (CT) gemeint. Durch die bildgebenden Verfahren können Abläufe im menschlichen Körper sichtbar gemacht werden und damit wichtige Erkenntnisse in der Hirnforschung, Epilepsie, neurodegenerativer Erkrankungen und auch zur Diagnose von Hirntumoren erfasst werden. (1)

ANALYTISCHE VERFAHREN

Hochleistungsflüssig-Chromatograf mit Massenspektrometer (HPLC-MS): Untersuchung chemischer Eigenschaften von Substanzen.

AUTOPSIEN

Erkenntnisse über Krankheitsentstehung und Richtigkeit von Diagnosen.

BAKTERIEN

Bakterien besitzen eine menschenähnliche DNA, woran krankmachende Mutationen untersucht werden können.

BIOBANKEN

Untersuchungsmaterial wie Blut, Urin, Stuhl, Zellsuspensionen und Gewebe könnten für Studien verwendet werden (ist momentan nicht erlaubt).

WEITERE FORSCHUNGSMETHODEN

Der Verein «Ärzte gegen Tierversuche» hat eine einzigartige Online-Datenbank erstellt, welche einen Überblick über die unzähligen tierversuchsfreien Forschungsmethoden verschafft. Diese Datenbank wird auch kontinuierlich ergänzt mit neu dazukommenden Verfahren, welche Forscher auf der ganzen Welt entwickeln.

www.nat-database.de (1)

QUELLEN:

(1) https://www.aerzte-gegen-tierversuche.de/images/infomaterial/woran_soll_man_testen.pdf

(2) https://www.agstg.ch/downloads/flyer/agstg-prospekt_medizin-der-zukunft-tierversuchsfreie-forschung_de.pdf

(3) https://www.peta.de/themen/traumaman/

(4) https://healthcare-mittelhessen.eu/virtual-reality-digitale-ausbildungshelfer-fuer-die-reale-medizin

«KEINE» BELASTUNG: SCHWEREGRAD 0

Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, durch die den Tieren nach Einschätzung des Versuchsleiters keine Schmerzen, Leiden und Schäden zugefügt werden und keine schwere Angst ausgelöst wird. (Die psychische Belastung der Tiere wird dabei nicht berücksichtigt.) Ebenfalls fallen Tierversuche, in denen die Tiere vor den qualvollen Eingriffen getötet werden, in diese Belastungskategorie.

«LEICHTE» BELASTUNG: SCHWEREGRAD 1

Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die eine leichte, kurzfristige Belastung (Schmerzen oder Schäden) bewirken. Beispiele aus der tierärztlichen Praxis: Injizieren einer Substanz unter Anwendung von Gewaltmassnahmen, bei denen keine erheblichen Langzeitschäden entstehen. Einsetzen von Kanülen in periphere Blutgefässe, Implantation von Tumorgewebe unter die Haut, Infektionen mit Erregern und Parasiten (nicht tödlich verlaufend, oder die Tiere werden vorzeitig getötet).

«MITTLERE» BELASTUNG: SCHWEREGRAD 2

Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die langanhaltende und leichte oder kurzanhaltende und mittelschwere Belastungen (Schmerzen, Leiden oder Schäden, schwere Angst oder erhebliche Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens) bewirken. Zu Experimenten des «mittleren Schweregrades» zählen z.B. Implantation von Tumoren und Organen in die Bauchhöhle eines Tieres, Implantieren von Langzeitkathetern in Gehirnventrikel oder Implantieren von Elektroden ins Gehirn.

«SCHWERE» BELASTUNG: SCHWEREGRAD 3

Eingriffe und Handlungen an Tieren zu Versuchszwecken, die eine schwere bis sehr schwere längerfristige Belastung (schwere Schmerzen, andauerndes Leiden oder schwere Schäden, schwere und andauernde Angst oder erhebliche und andauernde Beeinträchtigung des Allgemeinbefindens) bewirken. Beispiele aus der tierärztlichen Praxis: tödlich verlaufende Infektions- und Krebskrankheiten ohne schmerzlindernde Massnahmen und ohne vorzeitige «Erlösung» durch Töten.

* Diese Beurteilungen und Beispiele stammen hauptsächlich vom BVET sowie von Interpharma.

Während Schweregrad 0 und 1 eher sinkend sind, nehmen Tierversuche im Schweregrad konstant 3 zu.

  • Medizinische und pharmakologische Forschung
  • Psychologie und Psychiatrie
  • Chemische und kosmetische Industrie (Wasch- und Reinigungsmittel)
  • Ernährungsforschung (Mensch und Tier)
  • Entwicklung von Waffensystemen (In der Schweiz verboten, wird im Ausland praktiziert.)
  • Universitäten/Hochschulen
  • Spitäler
  • Pharmaindustrie
  • hauptsächlich durch den Steuerzahler
  • «Spenden» der Pharmakonzerne
  • gemeinnützige Organisationen, welche Geld für die Forschung sammeln

Dient der Wissensvermehrung beispielsweise über komplexe Zusammenhänge ohne einen direkten Nutzen für Mensch oder Tier. Es geht primär darum, wissenschaftliche Neugier zu befriedigen. Dieser Forschungszweig verbraucht am meisten Versuchstiere und diese Versuche werden zu 99% bewilligt. Zudem kommen die Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung fast nie zur Anwendung beim Menschen, was in keinem Verhältnis zum Tierleid steht, welches durch diese sinnfreie Forschung verursacht wird.

Erfolgsversprechende Medikamente werden nach einigen Tierversuchen in der ersten Phase an gesunden jungen (meist) Männern ausprobiert, welche die entsprechende Erkrankung gar nicht aufweisen. In der zweiten Phase wird mit Patienten nach brauchbarer Dosis und nach erwünschten und unerwünschten Wirkungen gesucht. In der dritten Phase wird nach inakzeptablen, mittel häufig auftretenden Nebenwirkungen gesucht. Da Tierversuche nicht auf Menschen übertragbar sind, wird die grosse Mehrheit der Substanzen aufgrund mangelnden Nutzens, aber auch wegen schweren Nebenwirkungen oder sogar Todesfällen unter den Probanden und Patienten, gar nicht für den Markt zugelassen.

‍Die Auflistung bietet einen Überblick über die wichtigsten Themen, gewährt aber keine Garantie über die Vollständigkeit. Die Liste wird laufend aktualisiert, Stand Juni 2023. Haben Sie Fragen, ein Anliegen oder Anregungen, schreiben Sie uns, wir geben gerne Auskunft.

Matteo Blaser,

Mitglied Swissveg

«Es gibt Wissenschaftler, die behaupten es brauche möglichst viele Tierversuche, um die neuen Medikamente und andere medizinische Entwicklungen und Fortschritte an Menschen zu testen zu können. Doch Tatsache ist, dass wenn etwas Medizinisches bei Tieren funktioniert, heisst es noch lange nicht, dass es dann auch bei Menschen funktioniert. Aber wenigstens haben wir in den letzten neuen Jahren und mehr wenigstens Fortschritte gemacht, dass die Bedingungen für Tier- und Menschenversuche wenigstens strenger wurden. Wir und ich geben uns jedoch damit noch nicht zufrieden, bis Tier- und Menschenversuche ganz abgeschafft werden.»